Rabbiner Tuvia Hod-Hochwald זצ“ל

Rabbiner im Portrait: Tuvia Hod betreut die Gemeinde in Kissingen, ist Landesrabbiner und Chef der Kaschrut-Abteilung in der ORD

Der Vater war es. Der Schwiegersohn wird es. Und Tuvia Hod ist es auch: Rabbiner aus Leidenschaft. Begonnen hatte die Familientradition bereits Hods Großvater – auch wenn er selber kein Rabbiner war. In den Wirren des ersten Weltkrieges verschlug es den gebürtigen Polen als Soldat nach Triest in Italien. Dort fehlte ihm seine Religion und er gründete eine eigene Gemeinde. Damit legte er nicht nur den Grundstein des Judentums in seiner neuen Heimat, damit legte er auch den Grundstein einer Familientradition. Fortan würde sich seine Familie um die jüdische Religion bemühen.

Der Sohn des unfreiwilligen Auswanderers wurde also Rabbi, sein Name ist bekannt in Deutschland: Abraham Hochwald war mehrere Jahre Landesrabbiner von Nordrhein-Westfalen. Er wirkte in München, Hannover, Düsseldorf und Aachen. Sein Heimatland Israel hatte er 1963 Richtung Europa verlassen, zunächst arbeitete er in Frankreich, bevor er sich endgültig in Deutschland niederließ. Vor zwanzig Jahren holte er seinen Sohn Tuvia Hod nach Deutschland. Hochwald brauchte Unterstützung. Sein Sohn, der damals ein junger Rabbi war, ließ sich nicht lange bitten: Er verließ Israel, wo der 1949 Geborene studiert und bei der Armee als Armeerabbiner der Infantrie gearbeitet hatte, um seinem Vater in Deutschland unter die Arme zu greifen. 1982 hatte Tuvia als Rabbi am Libanonkrieg teilgenommen. Bis heute hat er Kontakt zu vielen Menschen, die er damals kennen gelernt hat. Insgesamt war Hod 15 Jahre in der Armee: eine Zeit, die ihn sehr geprägt hat.

Tuvia Hod ist also Rabbiner geworden, weil sein Vater Rabbiner war. Und längst hat er seine eigene Familie: Er hat zwei erwachsene Töchter, Kali (27) und Adi (24), die beide verheiratet sind und in Israel leben. Dazu kommen die inzwischen vier Enkelkinder – und vielleicht wird auch in dieser Generation die Rabbiner-Tradition fortgesetzt… Ob die Jungen dann allerdings vor den gleichen Herausforderungen stehen werden, wie ihr Grovater Tuvia, ist ungewiss.

Denn Hod ist ein besonderer Rabbiner: In Bad Kissingen, wo er heute lebt, gibt es nur wenige Juden. Die normale Arbeit eines Rabbiners ist in dem Kurort lediglich in der Sommerzeit gefragt, wenn jüdische Gäste aus aller Welt in der Idylle Frankens Urlaub machen. Dann bittet Hod zum Gottesdienst in die nur während der Sommermonate geöffnete Synagoge. Im Winter reist Rabbiner Hod und ist in mehreren Gemeinden beschäftigt. Dann amtiert er in Trier, Kaiserslautern und Speyer. Außerdem trägt er den Titel Landesrabbiner von Rheinland-Pfalz.

Aber seine Hauptaufgabe, die er über das ganze Jahr hinweg wahrnimmt, ist eigentlich eine andere: Als Kaschrut-Experte berät, besichtigt und zertifiziert Hod deutsche und europäische Firmen, die für einen koscheren Markt produzieren möchten. Seine Kundenliste liest sich dabei wie das Who is who der Lebensmittelindustrie: mit Masterfood und Kraft kontrolliert er zwei der bekanntesten und größten Lebensmittelkonzerne weltweit. Darüberhinaus ist Hod der Chef der Kaschrut-Abteilung der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) und Autor einer Kaschrut-Liste. Diese liegt mittlerweile in der vierten Ausgabe vor und ist aus dem Deutschen übersetzt ins Englische, Russische und Hebräische. Neben Empfehlungen für koschere Läden, Restaurants und Produkte, sind darin auch Erläuterungen und Regeln zum Thema Kaschrut zu finden. Es ist eine überaus praktische Liste für all jene, die konkrete Informationen zum jüdischen Leben suchen.

Mit konkreten Fragen kennt sich Hod schließlich aus. „Die Liste befriedigt den Wissensdurst der Menschen, die das Judentum wieder entdecken“, sagt er und meint damit die Zuwanderer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Für sie hat er immer ein offenes Ohr: „Man muss Verständnis für deren Probleme haben“, sagt er und wagt einen großen Vergleich: Früher habe niemand geglaubt, dass der Ostblock je zusammenbreche, „und heute gibt es Menschen, die nicht daran glauben, dass es gelingt, die ehemaligen Russen wieder zur Religion zu bringen“. „Ich bin da ganz optimistisch“, sagt Tuvia Hod.

Johannes Boie