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Naftoli Surovtsev (27) ist Rabbiner der größten jüdischen Gemeinde der Stadt.
Nahe der Schnellstraße Humboldt-Ring in Potsdam finden sich futuristisch gestaltete Zweistöcker aus Holz, Stahl und viel Glas. Seit vergangenem Sommer wohnt hier der 1987 im weißrussischen Minsk geborene Naftoli Surovtsev mit Ehefrau Naomi (25) und der sechs Monate alten Tochter Bracha.
Fast amüsiert erzählt der junge Rabbiner von dem spontanen Umzug von Köln nach Potsdam, wo er Rabbiner Reuven Konnik ablöste: »Wir hatten nur zwei Wochen Zeit, uns etwas Passendes zu suchen. Viele Gemeindemitglieder aus der ehemaligen Sowjetunion leben hier – warum nicht auch wir?«
Surovtsev kommt vom Rabbinerseminar zu Berlin. Doch schon lange bevor sich seine weißrussische Familie zur Emigration nach Deutschland entschloss, besuchte er eine jüdische Schule in Pinsk und interessierte sich für Theologie und Pädagogik. »Als wir nach Berlin kamen, habe ich sofort die Lauder Yeshiva in Berlin besucht«, erzählt der junge Mann. »Der Übergang zum Rabbinerseminar ergab sich dann fast von selbst.«
MUSIK Naftoli ist sehr musikalisch, wird aber noch von Ehefrau Naomi übertroffen, die während ihrer zweijährigen Zwischenstation in Köln Mandoline studierte. Auch in Berlin-Brandenburg möchte sie ihr Musikstudium fortsetzen. Doch jetzt gehöre, wie die junge Rebbetzin betont, »die ganze Aufmerksamkeit erst einmal der Familie und unserem Sonnenschein Bracha«.
Die Jüdische Gemeinde Potsdam, die größte neben vier anderen in der Stadt, hat das junge Paar freundlich, aber zunächst durchaus vorsichtig aufgenommen. Allzu häufig gab es in den vergangenen Jahren kurzfristige Rabbinerwechsel. Das hat sich nun geändert, und die Gemeinde reagierte hocherfreut.
Familie Surovtsev hat ein sehr offenes Haus. »Unsere Leute wissen, dass sie bis zehn Uhr abends spontan vorbeischauen können. Für danach bitten wir aber um Voranmeldung«, sagt Surovtsev lächelnd. Vom ersten Tag an ist er auf die jungen Juden zugegangen. Man trifft sich im Jugendzentrum »Lifroach« oder bei ihm zu Hause, bevorzugt an Feier- und Festtagen.
GOTTESDIENSTE »Es ist erfrischend zu sehen, wie selbstbewusst und kreativ sich die Kinder der Immigranten entwickeln«, freut sich Surovtsev. Auch von der Minjan-Gemeinschaft der Gemeinde, die stärker von den Älteren getragen wird, ist er beeindruckt. »Ich staune immer wieder, mit welcher Hingabe sich die Menschen hier zusammenfinden, und dann macht der gemeinsame Gottesdienst umso mehr Freude.«
In seiner Freizeit geht der junge Rabbiner ganz mit der Zeit. Regelmäßig erstellt er Videoclips auf YouTube, wo er einen eigenen Kanal hat. »Meine Clips in russischer Sprache basieren häufig auf kleineren Lerneinheiten, die ich ohnehin für Online-Kurse zur jüdischen Tradition ins Netz stelle. Ich bringe sie mit der Kamera in verbesserte Qualität und lade sie dann für den allgemeinen Gebrauch herunter.«
Auch im sonstigen Umfeld hat man den neuen Rabbiner mit freundlichem Interesse begrüßt. Bei der örtlichen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit hat er schon einen Vortrag gehalten und will den Kontakt ausbauen.