Paraschat Tezawe
Mit dem Wochenabschnitt Tezawe tritt etwas Neues im Judentum auf: Torat Kohanim, die Welt und Denkweise des Priesters. Rasch nimmt sie im Judentum einen zentralen Stellenwert ein. Sie dominiert das nächste Buch der Tora, Wajikra. Bis hierhin waren die Priester in der Tora nur am Rande präsent.
In der Parascha dieser Woche begegnen wir zum ersten Mal der Idee einer erblichen Elite innerhalb des jüdischen Volkes – Aaron und seine männlichen Nachkommen – und ihrer Aufgabe, im Heiligtum zu dienen. Zum ersten Mal spricht die Tora über die Amtsgewänder: die der Priester und des Hohepriesters, die sie während ihres Amtes im Heiligtum tragen. Zum ersten Mal begegnet uns auch die Formulierung, die für die Gewänder verwendet wird: Lekawod Uletiferet, „zur Ehre und Schönheit“ (Exod. 28:2). Bis zu diesem Punkt wurde Kawod im Sinne von Herrlichkeit oder Ehre nur Gott zugeschrieben. Der Begriff Tiferet taucht hier das erste Mal in der Tora auf. Es eröffnet eine neue Dimension des Judentums, nämlich die der Ästhetik.
All diese Phänomene stehen im Zusammenhang mit dem Mischkan, dem Heiligtum, von dem schon in den vorausgegangenen Kapiteln die Rede war. Sie ergeben sich aus dem Projekt, dem unendlichen Gott im endlichen Raum ein „Zuhause“ zu geben. Die Frage, die ich hier stellen möchte, lautet jedoch: Sind sie in irgendeiner Weise mit Moral verbunden? Mit der Art des Lebens, zu dem die Israeliten aufgerufen waren, und mit ihren Beziehungen zueinander? Und wenn ja, was haben sie mit Moral zu tun? Außerdem, warum taucht das Priestertum gerade an dieser Stelle der Geschichte auf?
Es ist üblich, das religiöse Leben im Judentum in zwei Bereiche zu unterteilen: Auf der einen Seite das Priestertum und das Heiligtum, auf der anderen die Propheten und das Volk. Die Priester konzentrierten sich auf die Beziehung zwischen dem Volk und Gott, Mizwot bejn Adam Lemakom; die Propheten auf die Beziehungen der Menschen untereinander, Mizwot bejn Adam Lechawero. Die Priester überwachten die Rituale, die Propheten sprachen über Ethik. Die eine Gruppe befasste sich mit der Heiligkeit, die andere wiederum mit der Tugendhaftigkeit. Man muss nicht heilig sein, um gut zu sein. Man muss zwar gut sein, um heilig zu sein, aber das ist eine Zugangsbedingung, nicht das, worum es beim Heiligsein eigentlich geht. Die Tochter des Pharaos, die Moses als Baby rettete, war wohl gut, aber nicht heilig. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche Vorstellungen.
In meinem Aufsatz möchte ich diese Vorstellungen hinterfragen. Priestertum und Heiligtum waren von moralischer Tragweite, nicht nur von geistlicher Bedeutung. Zu verstehen, wie sie das waren, ist nicht nur für unser Geschichtsverständnis wichtig, sondern auch dafür, wie wir heute unser Leben führen. Dies wird deutlich, wenn wir einige wichtige experimentelle Arbeiten der neueren Zeit auf dem Gebiet der Moralpsychologie betrachten.
Einen ersten Ansatzpunkt gibt uns der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt mit seinem Buch Buch The Righteous Mind.[1] Haidt vertritt die These, dass in den heutigen säkularen Gesellschaften die Bandbreite unseres moralischen Empfindens sehr eng geworden ist. Er nennt solche Gesellschaften WEIRD (zu Deutsch „sonderbar“, ein Akronym für die folgenden fünf englischen Adjektive) – westlich, gebildet, industrialisiert, reich und demokratisch. Sie neigen dazu, traditionellere Kulturen als starr, verschlossen und repressiv zu betrachten. Angehörige dieser traditionellen Kulturen neigen wiederum dazu, Menschen aus dem westlichen Kulturkreis als „sonderbar“ zu betrachten, weil sie einen Großteil des Reichtums des moralischen Lebens aufgegeben haben.
Um ein nicht-moralisches Beispiel zu nennen: Vor einem Jahrhundert war das Essen in den meisten britischen und amerikanischen (nicht-jüdischen) Familien ein formeller, gesellschaftlicher Anlass. Die Familie aß gemeinsam und begann damit erst, wenn alle am Tisch saßen. Am Anfang stand das Tischgebet, mit dem sie Gott für das Essen dankten, das sie gleich zu sich nehmen würden. Es gab eine Reihenfolge, in der die Gäste bedient wurden oder sich selbst bedienten. Die Unterhaltung bei Tisch war durch Konventionen geregelt. Es gab Dinge, die man besprechen konnte, und andere, die als unpassend galten. Heute hat sich das völlig geändert. In vielen britischen Haushalten gibt es überhaupt keinen Esstisch mehr. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass in Großbritannien die Hälfte aller Mahlzeiten nur noch von jedem allein eingenommen wird. Die Familienmitglieder kommen zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause, holen sich was zu essen aus dem Gefrierschrank, erhitzen es in der Mikrowelle und verzehren es vor dem Fernseher oder Computerbildschirm. Das ist keine Mahlzeit, sondern menchanisches Abweiden.
Haidt interessierte sich für die Tatsache, dass seine amerikanischen Studenten die Moral auf zwei Prinzipien reduzierten, von denen sich das eine auf den Schaden, das andere auf die Fairness bezieht. In Bezug auf Schaden dachten sie wie John Stuart Mill, der sagte: „Der einzige Zweck, der es rechtfertigt, Macht über ein Mitglied einer zivilisierten Gemeinschaft gegen dessen Willen auszuüben, besteht darin, Schaden von anderen abzuwenden.“[2] Für Mill war dies ein politischer Grundsatz, der jedoch zu einem moralischen Prinzip geworden ist: Wenn es anderen nicht schadet, sind wir moralisch berechtigt zu tun, was wir wollen.
Der andere Grundsatz ist die Fairness. Wir haben nicht alle dieselbe Vorstellung davon, was fair ist und was nicht, aber wir alle halten uns an die Grundregeln der Gerechtigkeit: Was für einige richtig ist, sollte auch für alle richtig sein, handle so, wie du selbst behandelt werden möchtest, wandle die Regeln nicht zu deinem Vorteil ab und so weiter. Oft ist der erste moralische Satz, den ein kleines Kind hervorbringt, „Das ist nicht fair.“ John Rawls formulierte die bekannteste moderne Aussage zur Fairness: „Jeder Mensch hat das gleiche Recht auf die umfassendsten Freiheiten, die mit ähnlichen Freiheiten für andere vereinbar sind.“[3]
Das ist illustrativ für die Denkweise der WEIRD-Kultur: Wenn es gerecht ist und keinen Schaden anrichtet, ist es moralisch zulässig. Allerdings – und das ist Haidts grundlegender Punkt – gibt es mindestens drei weitere Dimensionen des moralischen Lebens, wie es in Kulturkreisen außerhalb der WEIRD-Gesellschaft auf der ganzen Welt verstanden wird.
Die eine ist Loyalität und ihr Gegenteil, Verrat. Loyalität bedeutet, dass ich bereit bin, meiner Familie, meinem Team, meinen Glaubensgenossen und meinen Mitbürgern zuliebe Opfer zu bringen, also den Gruppen, die mich zu dem machen, was ich bin. Ich nehme ihre Interessen ernst und denke nicht nur an mein eigenes Interesse.
Eine weitere Dimension ist der Respekt vor der Autorität und ihr Gegenteil, die Subversion. Ohne Respekt ist keine Institution denkbar, möglicherweise auch keine Kultur. Der Talmud veranschaulicht dies mit einer berühmten Geschichte über einen Anwärter zur Konvertierung, der zu Hillel kam und sagte: „Lasse mich zum Judentum übertreten unter der Bedingung, dass ich nur die schriftliche Tora akzeptiere, nicht aber die mündliche Tora.“ Hillel begann, ihn Hebräisch zu lehren. Am ersten Tag lehrte er ihn Alef–Bet–Gimmel. Am nächsten Tag lehrte er ihn Gimmel–Bet–Alef. Der Mann reklamierte: „Gestern hast du mich doch aber das Gegenteil gelehrt!“ Hillel entgegnete: „Siehst du, du musst dich sogar auf mich verlassen, um das Alef–Bet zu lernen. Verlasse dich also auch auf mich, in Bezug auf die mündliche Tora“ (Schabbat 31a). Schulen, Armeen, Gerichte, Berufsverbände und sogar der Sport sind auf den Respekt vor Autoritäten angewiesen.
Der dritte Punkt ergibt sich aus der Notwendigkeit, bestimmte Werte, die wir als nicht verhandelbar betrachten, zu schützen. Es steht mir nicht zu, mit ihnen zu verfahren, wie es mir gerade passt. Das sind die Dinge, die wir als heilig, als unantastbar bezeichnen, die nicht leichtfertig behandelt oder beschmutzt werden dürfen.
Warum werden in der typischen Sichtweise der liberalen Eliten des Westens Loyalität, Respekt und das Heilige nicht als Schlüsselbegriffe der Ethik betrachtet? Die grundlegendste Antwort ist, dass sich WEIRD-Gesellschaften als Gruppen von autonomen Individuen definieren, die ihre eigenen Interessen unter minimaler Einmischung anderer verfolgen: Jeder von uns ist ein selbstbestimmtes Individuum mit eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Sehnsüchten. Die Gesellschaft sollte uns die Möglichkeit geben, diese Wünsche so weit wie möglich zu verwirklichen, ohne sich in unser Leben oder das Leben anderer einzumischen. Zu diesem Zweck haben wir die Grundsätze der Freiheit, der Rechte, und der Gerechtigkeit entwickelt, die uns ein friedliches Zusammenleben ermöglichen. Wenn eine Handlung ungerecht ist oder jemandem Leid zufügt, sind wir bereit, sie moralisch zu verurteilen, sonst aber nicht.
Loyalität, Respekt und Heiligkeit gedeihen nicht von Natur aus in säkularen Gesellschaften, die auf Marktwirtschaft und liberaler demokratischer Politik basieren. Der Markt untergräbt die Loyalität. Er verführt uns, nicht bei dem Produkt zu bleiben, das wir bisher benutzt haben, sondern zu einem besseren, billigeren, schnelleren oder neueren Produkt zu wechseln. Loyalität ist das erste Opfer der „schöpferischen Zerstörung“ des Marktkapitalismus.
Der Respekt vor Autoritätspersonen – Politikern, Bankern, Journalisten, Konzernchefs – sinkt seit vielen Jahrzehnten. Wir erleben eine Zeit des Vertrauensverlustes und des Aussterbens der Ehrerbietung. Selbst der geduldige Hillel hätte es schwer gehabt, sich mit jemandem zu verständigen, der mit dem Pink–Floyd-Motto von 1979 aufgewachsen ist: „Wir brauchen keine Erziehung, wir brauchen keine Gedankenkontrolle.“
Und auch das Heilige ist verlorengegangen. Die Ehe wird nicht mehr als eine heilige Verpflichtung, als ein Bund, angesehen. Bestenfalls als Vertrag. Das Leben selbst läuft Gefahr, seine Heiligkeit einzubüßen: zunächst mit der Verbreitung der Abtreibung auf Verlangen und am Ende mit der „Sterbehilfe“.
Loyalität, Respekt und Heiligkeit sind moralische Schlüsselwerte, weil sie eine moralische Gemeinschaft schaffen und nicht nur eine Gruppe autonomer Individuen. Loyalität bindet den Einzelnen an die Gruppe. Respekt schafft Autoritätsstrukturen, die es den Menschen ermöglichen, effektiv als ein Team zu arbeiten. Heiligkeit bindet die Menschen in einem gemeinsamen moralischen Universum zusammen. Das Heilige ist dort, wo wir in den Bereich dessen eintreten, was größer ist als wir selbst. Schon der Akt des Zusammenkommens in einer Gemeinde kann uns ein Gefühl der Transzendenz geben, indem wir unsere Identität mit der der Gruppe verschmelzen.
Wenn wir uns dieser Unterscheidung bewusst werden, können wir erkennen, wie sich das moralische Universum der Israeliten im Laufe der Zeit veränderte. Abraham wurde von Gott auserwählt, „damit er seine Kinder und sein Haus nach ihm lehre, den Weg Gottes zu halten, indem sie tun, was recht und billig ist“ (Zedaka Umischpat; Gen. 18:19). Die Eigenschaft, nach der Abrahams Diener bei der Wahl einer Frau für Isaak suchte, war Güte, Chessed. Dies sind die wichtigsten prophetischen Tugenden. Wie Jeremia im Namen Gottes sagte:
„Nicht die Weisen rühmen sich ihrer Weisheit, nicht die Starken ihrer Stärke, nicht die Reichen ihres Reichtums, sondern wer sich rühmt, der rühme sich dessen, dass er Mich erkannt hat, dass Ich Gott bin, der Güte, Recht und Gerechtigkeit (Chessed, Mischpat, Uzedaka) auf Erden übt; denn daran freue Ich Mich“ (Jer. 9:22-23).
Güte ist gleichbedeutend mit Fürsorge, das Gegenteil von Schaden. Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit sind besondere Formen der Fairness. Mit anderen Worten: Die prophetischen Tugenden sind denen ähnlich, die heute in den liberalen Demokratien des Westens vorherrschen. Das zeigt den Einfluss der hebräischen Bibel auf den Westen, aber das ist wieder eine andere Geschichte für ein anderes Mal. Der Punkt ist, dass es bei Freundlichkeit und Fairness um Beziehungen zwischen Individuen geht. Bis zum Sinai waren die Israeliten nur Einzelpersonen, wenn auch Teil derselben Großfamilie, die Exodus und Exil gemeinsam durchlebt hatte.
Nach der Offenbarung am Berg Sinai waren die Israeliten ein Volk im Bund. Sie hatten einen Herrn: Gott. Sie hatten eine schriftliche Verfassung: die Thora. Sie hatten zugestimmt, „ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk“ zu werden (Exod. 19:6). Doch der Vorfall mit dem Goldenen Kalb zeigte, dass sie noch nicht begriffen hatten, was es heißt, ein Volk zu sein. Sie verhielten sich wie ein Mob. „Moses sah, dass das Volk außer Rand und Band war und dass Aaron es hatte außer Kontrolle geraten lassen, so dass es zum Gespött seiner Feinde wurde“ (Exod. 32:25). Das war die Krise, auf die das Heiligtum und das Priestertum die Antwort waren: Sie machten die Juden zu einem Volk.
Der Dienst am Heiligtum, den die Kohanim in ihren Gewändern Lekawod, „zu Ehren“, verrichteten, begründete das Prinzip der Achtung. Der Mischkan selbst verkörperte das Prinzip des Heiligen. In der Mitte des Lagers gelegen, formten das Heiligtum und sein Dienst die Israeliten zu einem Kreis, in dessen Zentrum Gott stand. Und obwohl es nach der Zerstörung des Zweiten Tempels kein Heiligtum und keine funktionierende Priesterschaft mehr gab, fanden die Juden einen Ersatz, der dieselbe Funktion erfüllte. Was Torat Kohanim in das Judentum einbrachte, war die Ausgestaltung der Heiligkeit und des Respekts, die den Juden half, als Nation gemeinsam den Weg zu gehen und zu tanzen.
Zwei weitere Forschungserkenntnisse sind hier von Bedeutung. Richard Sosis analysierte eine Reihe von freiwilligen Gemeinschaften, die im Laufe des 19. Jahrhunderts von verschiedenen Gruppen gegründet wurden, einige religiös, andere säkular. Er fand heraus, dass in den religiösen Gemeinschaften die durchschnittliche Lebenserwartung um ein Vierfaches höher war als bei Angehörigen säkularer Gruppierungen. Es gibt etwas an der religiösen Dimension, das sich als wichtig, ja sogar als wesentlich für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft erweist.[4]
Auf der Grundlage umfangreicher neurowissenschaftlicher Erkenntnisse wissen wir inzwischen auch, dass wir unsere Entscheidungen eher auf der Grundlage von Emotionen als von Vernunft treffen. Menschen, deren emotionale Zentren (insbesondere der ventromediale präfrontale Kortex) geschädigt sind, können Alternativen sehr detailliert analysieren, aber sie können keine guten Entscheidungen treffen. Ein interessantes Experiment ergab, dass akademische Bücher über Ethik häufiger gestohlen oder nie in Bibliotheken zurückgegeben wurden als Bücher über andere Bereiche der Philosophie.[5] Mit anderen Worten: Sachverstand betreffs moralischer Argumente macht uns nicht unbedingt moralischer. Die Vernunft ist oft etwas, das wir benutzen, um Entscheidungen zu rationalisieren, die auf der Grundlage von Gefühlen getroffen werden.
Das erklärt das Vorhandensein der ästhetischen Dimension des Gottesdienstes im Heiligtum. Es hatte Schönheit, Bedeutung und Majestät. In der Zeit des Tempels gab es auch Musik. Chöre von Leviten sangen die Psalmen. Schönheit spricht Emotionen an, und Emotionen sprechen die Seele an, heben uns in einer Weise, wie es der Verstand nicht vermag, in Höhen der Liebe und Ehrfurcht, führen uns über die engen Grenzen des Selbst hinaus in den Orbit, in dessen Zentrum wir zu Gott finden.
Das Heiligtum und die Priesterschaft führten die Ethik von Keduscha, der Heiligkeit, in das jüdische Leben ein, die wiederum die Werte der Loyalität, des Respekts und des Geheiligten stärkte, indem sie eine Atmosphäre der Ehrfurcht schuf – der Demut, die das Volk empfand, sobald es diese Symbole der göttlichen Gegenwart in seiner Mitte hatte. Wie Maimonides in einer berühmten Passage in seinem Führer der Unschlüssigen (III, 51) schrieb, verhalten wir uns in der Gegenwart eines Königs nicht so, wie wir es tun, wenn wir nur in der Gesellschaft von Freunden oder der Familie sind. Im Heiligtum spürten die Menschen, dass sie sich in der Gegenwart des Königs befanden.
Ehrfurcht verleiht Ritualen, Zeremonien, sozialen Konventionen und Anstand Kraft. Sie hilft, autonome Individuen in eine kollektiv verantwortliche Gruppe zu verwandeln. Ohne Loyalität kann man keine nationale Identität oder gar eine Ehe aufrechterhalten. Ohne Respekt vor Autoritätspersonen kann man die nachfolgenden Generationen nicht sozialisieren. Und der nicht verhandelbare Wert der Menschenwürde lässt sich nicht ohne einen Sinn für das Heilige verteidigen. Deshalb musste die prophetische Ethik der Gerechtigkeit und des Mitgefühls durch die priesterliche Ethik der Heiligkeit ergänzt werden.
[1] Jonathan Haidt, The Righteous Mind: Why Good People Are Divided by Politics and Religion (New York, Pantheon Books, 2012).
[2] J. S. Mill, On Liberty and other writings, ed. Stefan Collini (New York, Cambridge University Press, 1989), S. 13.
[3] A Theory of Justice (Cambridge, Massachusetts, Belknap Press, 2005), S. 60.
[4] Religion and Intragroup Cooperation: Preliminary Results of a Comparative Analysis of Utopian Communities (Cross Cultural Research 34, Nr. 1, 2003), S. 11-39.
[5] Jonathan Haidt, The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religion, S. 89.
- Wer hat Ihrer Meinung nach eine wichtigere Rolle für das Volk gespielt, die Priester oder die Propheten?
- Wie kann uns die Ästhetik (körperliche Schönheit, Musik usw.) Gott näher bringen?
- Wie haben das Priestertum und das Heiligtum die Werte der Loyalität und des Respekts im Volk durch das Konzept der Keduscha gestärkt?
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